Prof. Dr. Norbert Kalus


Was ist FEM - die Finite-Elemente-Methode?


Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt bzw. wem man antwortet.

So könnte etwa ein Bauingenieur antworten: FEM ist ein computergestütztes Berechnungsverfahren, mit dem man z. B. ermitteln kann, ob ein Staudamm dem Wasserdruck standhält. Ein Maschinenbauingenieur würde mit dem universell einsetzbaren FE-Programm ausrechnen, ob ein elastischer Flugzeugflügel eine Windbö verkraftet.

Ein Mathematiker versteht unter FEM ein numerisches Näherungsverfahren zur Lösung von (partiellen) Differentialgleichungen unter beliebig variierbaren Randbedingungen. Dies ist der gemeinsame theoretische Kern der beiden oben erwähnten Anwendungsfälle, die in den 50er Jahren als nationale Grossprojekte zur forcierten Entwicklung der FE-Verfahren und deren Implementierung auf Computern beitrugen. Letztendlich sind innerhalb des FE-Verfahrens immer lineare Gleichungssysteme zu lösen, die durchaus aus 100000 Unbekannten bestehen können.

Neuere aktuelle Anwendungsbereiche der FEM sind elektromagnetische Fragestellungen, Strömungsdynamik, Akustik und Medizintechnik. Der mathematische Kern ist gleich geblieben. Während bei den Problemen der Statik der Bezug zu den Differentialgleichungen eher in den Hintergrund treten kann, ist z. B. bei Fragen der Schallfeldausbreitung in der Fahrgastzelle eines Automobils eine Kenntnis der zugrunde liegenden Differentialgleichungen unabdingbar.

Entwicklungstendenzen gehen dahin, die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen und FE- Programme in CAD (Computer Aided Design) Software einzubinden. Auch PC Versionen von leistungsfähigen FE-Programmen sind auf dem Vormarsch.

Einen ausgezeichneten Marktüberblick aus der Sicht des Anwenders gibt der FEM-Leitfaden von Peter Fröhlich, erschienen im Springer Verlag 1995, 200 Seiten, DM 78

Eine hervorragende, allgemein verständliche Darstellung gibt Spektrum der Wissenschaft März 3/1997 auf 17 Seiten mit 5 Beiträgen.
Zitate: "Als Ende der sechziger Jahre die Mathematiker das Thema aufgriffen, taten sie das von einem völlig anderen Standpunkt aus. Die Unterschiede in der Denk- und Ausdrucksweise waren so gross, dass es zuweilen heute noch beträchtliche Verständigungsprobleme gibt."
"Bis vor etwa 20 Jahren konnten die Mathematiker den Ingenieuren allerdings nur erzählen (und schlüssig begründen), was diese aus Erfahrung längst wussten: Sie hatten deren Welt nur interpretiert; erst ab dieser Zeit gelang es ihnen, sie auch zu verändern."
"Finite-Element-Programme sind heute Standard-Arbeitsmittel in der Industrie." "Kritischer Kostenfaktor wird zunehmend das Personal zur Durchführung der Berechnungen.""Auch gute Ingenieure sind von der Vielfalt der Möglichkeiten, aus denen sie selbst auswählen müssen, häufig überfordert."

Weitere Beispiele zur FEM auch über die Internet Leitseiten der Kollegen:

Prof. Dr. Herrmann
Prof. Dr. Kalus
Prof. Dr. Kleinschrodt
Prof. Dr. Kohaupt
Prof. Dr. Lackmann


Letzte Änderung am: 23.06.98